Neben dem Fall, dass die Eltern sich über die Übertragung des Sorgerechts auf nur einen der Elternteile einig sind, kommt das alleinige Sorgerecht dann in Betracht, wenn das Kindeswohl auf die ein oder andere Art gefährdet ist. Auch eine gewisse Kontinuität in Bezug auf dauerhafte soziale Bindungen oder Lebensumstände sowie der Kindeswille spielen bei der Frage, ob das alleinige Sorgerecht das Mittel der Wahl ist, eine Rolle.
Wird ein Kind bei einem der Elternteile misshandelt, körperlich oder seelisch, werden die zuständigen Ämter in der Regel sehr schnell aktiv. Ein Entzug des Sorgerechts des betreffenden Elternteils wird geprüft und vorangetrieben. Selbst dann, wenn die Misshandlung nicht durch die Eltern erfolgt, sondern durch ältere Geschwister, kann dies einen Sorgerechtsentzug begründen und das alleinige Sorgerecht des anderen Elternteils begünstigen.
Ebenfalls schwerwiegende Erziehungsfehler können Zweifel an der Erziehungsfähigkeit und am Erhalt des Sorgerechts eines Elternteils schüren. Zu diesen schwerwiegenden Erziehungsfehlern können die Weitergabe einer staatsfeindlichen Gesinnung, die Mitgliedschaft in radikalen Glaubensgemeinschaften oder das unrechtmäßige Fernhalten des Kindes von der Schule gehören.
Einen Teil der elterlichen Sorge umfasst auch die Vermögenssorge. Die Eltern dürfen also nicht rechtsmissbräuchlich das Vermögen ihrer Kinder gefährden. Sollten beispielsweise die Spareinlagen der Kinder durch einen Elternteil veruntreut werden, könnte dies die Erteilung des alleinigen Sorgerechts für den anderen Elternteil begünstigen.
Für das alleinige Sorgerecht eines der Elternteile kann außerdem die Gesundheitsgefährdung des Kindes durch den anderen Elternteil sprechen. Denn auch die umfassende Gesundheitsfürsorge gehört zur Ausübung des Sorgerechts dazu. Weigert sich ein Elternteil beispielsweise, einem Kind eine notwendige medizinische Behandlung angedeihen zu lassen, kann dies eine Gesundheitsgefährdung darstellen.
Das alleinige Sorgerecht kann einem Elternteil auch dann zuerkannt werden, wenn der andere Elternteil das Kind unzureichend pflegt, ernährt oder nicht ausreichend beaufsichtigt.
Wie bereits unter dem Punkt „schwerwiegende Erziehungsfehler“ erwähnt, kann die dauerhafte Weigerung, ein minderjähriges Kind zur Schule zu schicken, zum Entzug des Sorgerechts führen.
Das alleinige Sorgerecht kann sich für ein Elternteil auch daraus ergeben, dass das Kind bei dem anderen Elternteil einem gefährlichem Umfeld ausgesetzt ist. Dies kann die Drogenszene oder ein extremistisches religiöses bzw. politisches Umfeld sein.
Für das alleinige Sorgerecht eines Elternteils entscheiden sich Familienrichter auch dann in einigen Fällen, wenn der andere Elternteil sein Sorgerecht missbräuchlich einsetzt. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn Eltern ihre Kinder zu strafbaren Handlungen anstiften.
Das alleinige Sorgerecht kommt dann in Betracht, wenn ein Elternteil unter bestimmten Krankheiten leidet, welche der Ausübung des Sorgerechts im Weg stehen könnten. Neben Suchterkrankungen können dies auch bestimmte psychische Krankheiten sein.
Das alleinige Sorgerecht kann auch dann einschlägig sein, wenn ein Elternteil dem anderen den für das Kind förderlichen Umgang mit diesem dauerhaft ohne Grund verweigert.