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Erwerbsobliegenheit beim Trennungsunterhalt

Erwerbsobliegenheit beim Trennungsunterhalt
Eine Erwerbsobliegenheit kann schon im ersten Trennungsjahr bestehen. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz ist der Trennungsunterhalt also keineswegs ein Jahr lang sicher, OLG Koblenz, Beschluss vom 10.02.2016 – Az. 7 WF 120/16.

In deutschen Ehen ist es nach wie vor häufig der Fall, dass ein Ehegatte arbeiten geht und der andere den Haushalt schmeißt. Im Falle einer Trennung bzw. Scheidung stellt sich dann die Frage, ob der nicht arbeitende Ehegatte jetzt selbst arbeiten muss, um eigenes Geld zu verdienen, oder ob der andere Unterhalt zahlen muss.

Erwerbsobliegenheit bei Trennungsunterhalt?

Grundsätzlich gilt, dass bei einer Trennung (Link: zu den Voraussetzungen einer Trennung) derjenige, der bislang nicht gearbeitet hat, Anspruch auf sog. Trennungsunterhalt hat. Der arbeitende Ehegatte ist dem anderen zum Unterhalt verpflichtet. Dieser Anspruch gilt mindestens für ein Jahr. Nach Ablauf dieses Jahres muss eine eigene Erwerbstätigkeit aufgenommen werden, es sei denn, das geht aus bestimmten Gründen nicht, z. B. Betreuung von Kleinkindern. Die Schonfrist von einem Jahr kann sich in solchen Fällen verlängern. In dieser Zeit ist der arbeitende Ehegatte dem anderen zum Unterhalt verpflichtet, ohne dass der Unterhaltsberechtigte selbst arbeiten muss.

Keine Unterhaltsgarantie!

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt muss aber nicht zwingend ein Jahr lang bestehen. Unter bestimmten Umständen besteht die Pflicht zur Erwerbstätigkeit auch schon vor Ablauf des ersten Trennungsjahres. Es besteht also keine Unterhaltsgarantie.

Der Fall:

Dies hat nun das Oberlandesgericht Koblenz in einer aktuellen Entscheidung bestätigt. In dem Fall hatte die Frau während der Ehe in einer Steuerberatungsfirma gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis wurde jedoch mit Ablauf der Probezeit beendet. In der Folge bewarb sich die Frau bei verschiedenen Arbeitgebern, fand aber keine neue Stelle. Zu Hause zu bleiben und die gemeinsamen Kinder zu betreuen, kam für die Frau nicht in Frage. Im April 2015 kam es zur Trennung. In der Zeit bis November 2015 verschickte die Frau nur drei Bewerbungen.

So hat das Gericht entschieden…

Das Gericht hat den Trennungsunterhalt verwehrt mit der Begründung, dass die Erwerbsbemühungen der Frau völlig unzureichend gewesen sind. Sie habe deutlich gemacht, dass sie arbeiten und nicht zu Hause bleiben will. Dann sind drei Bewerbungen in sechs Monaten aber zu wenig. Wenn sich die Frau ernsthaft bemüht hätte, hätte sie wohl eine Arbeit finden können. Der Trennungsunterhalt wurde deswegen nur auf die ersten sechs Monate der Trennung beschränkt. Von da an war die Frau für ihr eigenes Einkommen verantwortlich.

Es spielen also mehrere Faktoren eine Rolle:

  • Wurde schon während der Ehe gearbeitet?
  • Müssen Kinder betreut werden?
  • Ist eine Erwerbspflicht ein großer Einschnitt in die bisherige Lebensführung?
  • Wie lange besteht die Ehe schon?
ZZ

Praxistipp

Insbesondere bei einer kurzen Ehe muss der Unterhaltsbegehrende schneller einer Arbeit nachgehen. Das gilt umso mehr, wenn die der Unterhaltsbegehrende bereits während der Ehe gearbeitet hat.

Der Trennungsunterhalt ist nur während der Zeit des Getrenntlebens zu zahlen. Wenn die Ehe geschieden wird und ein rechtskräftiger Scheidungsbeschluss vorliegt, entfällt der Anspruch auf Trennungsunterhalt. Ab jetzt kommt nur noch nachehelicher Unterhalt in Frage. Achtung: es handelt sich um zwei verschiedene Arten von Unterhalt, die getrennt voneinander geltend gemacht werden müssen!

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